Dies ist der 1. Teil einer Interview-Serie mit Experten aus verschiedenen Bereichen der Social Media Welt. Für das erste Gespräch stand uns Frank Feldmann – Barcamp-Organisator Rede und Antwort.
Hallo Frank, ich war ja nun selber schon auf dem einen oder anderen Barcamp unterwegs. Bevor ich jedoch zu Brandwatch und damit in die Social Media-Welt kam, habe ich zugegeben noch nie von ihnen gehört. Ich muss nun aber feststellen, dass mir dieses Format super gefällt und ich dort schon viele interessante Menschen kennengelernt habe. Du als Organisator vieler solcher Barcamps hast sicherlich nochmal einen ganz anderen Blickwinkel darauf. Deshalb habe ich ein paar Fragen an dich:
Was macht für dich ein gelungenes Barcamp aus?
Der Applaus in der Feedbackrunde, verbunden mit der Bitte der Teilnehmer, das Barcamp zu wiederholen. Die Teilnehmer, manchmal noch treffender auch als Teilgeber bezeichnet, sind das Barcamp. Es liegt an ihnen selbst, sich ihren Tag so zu kreieren, wie sie ihn sich gestalten möchten. Alles, was auf einem Barcamp inhaltlich angeboten und diskutiert wird, wird ausschließlich durch die Teilnehmer selbst generiert. Wir Organisatoren schaffen stets die Rahmenbedingungen, stellen immer nur die Zelte auf. Natürlich sind wir als Barcamp-Evangelisten, die seit 2007 Barcamps in Deutschland organisieren, von der Wirkung des Formats überzeugt. Doch muss am Ende des Tages jeder Barcamper für sich selbst resümieren, wie es für ihn oder sie gelaufen ist.
Die Erwartungen und Vorstellungen an ein Barcamp sind ähnlich divers wie die Themen und Sessions auf diesem Event. Erhältst du als Veranstalter dann positives Feedback, hat jeder offensichtlich gefunden, wonach er oder sie gesucht hat, nimmt jede/r etwas für sich mit in sein oder ihr privates oder berufliches Umfeld, und das Orga-Team hat einen guten Job gemacht. Wenn zudem noch der Kaffee schmeckte, das WLAN stabil blieb und es im Nachgang eine ordentliche Ergebnissicherung gibt, bin ich zufrieden.
Warum sollte man (auch als Unerfahrener) teilnehmen?
Barcamps sind hochgradig inklusiv. Aufgrund des offenen Charakters, der Selbstbestimmung und dem hierarchiefreien Agieren auf Augenhöhe bist du als Neuling sofort mittendrin im Geschehen. Die für Barcamps obligatorische Vorstellungsrunde trägt maßgeblich dazu bei, das Eis unvermittelt zu brechen und die Gleichberechtigung für alle erlebbar zu machen. Ich habe selten jemanden erlebt, den das Format überforderte.
Im Gegenteil: Vor allem Erst-Barcamper sind von dem speziellen Barcamp-Spirit immer sofort begeistert. Barcamps sind gleichermaßen für Berufseinsteiger wie Experten geeignet. Gerade diese Mischung führt zur gewünschten Diversität von Wissens- und Meinungsaustausch. Für den Fall, dass du mitmachst, stell dich darauf ein, dich mit anderen Barcampern auszutauschen. Wenn du gehst, sei bereit, deine Erfahrungen mit dem Rest der Welt zu teilen.
Welchen Mehrwert bietet der Besuch eines Barcamps?
Es ist eine intensive Veranstaltung mit Präsentationen, Diskussionen, Interaktionen der Teilnehmer untereinander. Die offene Atmosphäre in Kombination mit der Möglichkeit, selber zu gestalten, führt zu sehr aktiven und innovativen Events. Wissen wird geteilt und gemeinsam erarbeitet. Du sagst ja selbst, dass dir das Format super gefällt und du auf Barcamps schon viele interessante Menschen kennengelernt hast. Dieses Networking untereinander ist natürlich auch ein wesentlicher Mehrwert.
Ein Barcamp setzt immer die Bereitschaft voraus, neugierig zu sein und sich auf das Veranstaltungsformat einzulassen. Ich kann nur ermutigen, dies zu tun. Es zeugt von Optimismus und Weitsicht, wenn dieser Schritt gewagt wird. Ich verspreche neue Erfahrungen, einen neuen Umgang miteinander, Lerneffekte und ggf. sogar Vorurteilskorrekturen.
Warum sollte man auch als Unternehmen ein Barcamp unterstützen?
Für Unternehmen sind Barcamps aus verschiedenen Blickrichtungen interessant. Zum einen bieten sie vor allem als Themencamps den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Unternehmens exzellente Möglichkeiten für Fortbildung und Networking. Andererseits bietet dieses spezielle Veranstaltungsformat eine Atmosphäre, in der sich Unternehmen als Partner und Sponsoren wohlfühlen und erfolgreich engagieren können, sei es für einen positiven Imagetransfer, für Recruiting, Direktmarketing oder um seiner gesellschaftlichen Verantwortung nachzukommen.
Last but not least stehen vor allem Unternehmen unter dem Druck, die Veränderungen von Arbeits- und Konsumwelten intern anzunehmen und voranzutreiben, um mit der Zeit zu gehen. Spezielle Themencamps im Unternehmen, sogenannte Corporate Camps, können hierbei helfen, als ein Tool neben anderen, um die eigene Unternehmenskultur angesichts sich stetig wandelnder Rahmenbedingungen weiter zu entwickeln.
Warum ist das Monitoring für ein Barcamp wichtig?
Die spezifische Partizipationskultur von Barcamps drückt sich u.a. durch eine intensive Kommunikation vor, während und nach dem Event in den sozialen Medien und der nachträglichen Dokumentation der Ergebnisse durch Recaps und Reviews aus (Regel 1 des Oktologs der Barcampkultur: „Sprich über das Barcamp!“). Es bietet sich an, die Ergebnissicherung, also die Erhebung, Aufbereitung, Analyse, Interpretation und Archivierung von diskutierten Inhalten, mit einem professionellen Social Media Monitoring und Analysetool zu begleiten und zu sichern.
Hinzu kommt, dass viele Barcamps eigene Social Media Kanäle bespielen. Dies impliziert, dass man als Veranstalter selbst ein Community- und Social Media Management betreibt, welches die eigenen Kanäle und Plattformen betreut, aber auch die externe Berichterstattung verfolgt und moderiert. Dafür braucht es natürlich spezielle Kompetenzen.
Brandwatch Vizia im Einsatz auf der Online Marketing Lounge
Wie sehr hilft der Einsatz eines Social Media Command Centers vor Ort?
Social Media Kommunikation findet in Echtzeit statt. Visualisiert man das vor Ort, so befriedigt man zum einen direkt das Informationsbedürfnis der Barcamper auf der Veranstaltung, zum anderen befördert man auch die Kommunikation untereinander. Angefangen hat das seinerzeit mit der berühmten Twitterwall, die ihr ja auch in euer Command Center integriert habt. Ich persönlich bin ein großer Fan von Infografiken und der ansprechenden Visualisierung von Informationen. „Vizia“ überzeugt mich auch in diesem Punkt absolut, und ich bin sehr froh, dass Brandwatch unsere Barcamps als Monitoring-Partner begleitet. Nicht zuletzt ist euer Stand auch immer ein Ort der Begegnung und des Austausches: sozusagen unsere Barcamp-Litfaßsäule!
Welche Trends und Entwicklungen siehst du für Barcamps in den nächsten Jahren?
Barcamps sind Symptom eines generellen sozialen Wandels der Gesellschaft, hin zu einer Gemeinschaft, in der Güter, Inhalte und Wissen zunehmend nicht mehr nur konsumiert, sondern geteilt und weitergegeben werden. Insofern sind sie längst in der Mitte der Gesellschaft ankommen. Nach meiner Einschätzung ist dieser Entwicklungsprozess irreversibel. Nicht zuletzt der demografische Wandel verlangt ein zeitgemäßes Innovations- und Wissensmanagement und den Austausch auf Augenhöhe. Es werden mehr und mehr Barcamps und vor allem auch themenspezifische Barcamps angeboten und durchgeführt werden. Dabei wird sich das Format weiter entwickeln und zunehmend auch modulare Verbindungen mit klassischen Eventformaten eingehen, hin zu hybriden Veranstaltungen. Ich bin sehr gespannt auf diese Entwicklung und freue mich, diesen Prozess gemeinsam mit Kai-Uwe Hellmann gestalten zu können.
Frank Feldmann ist Diplom Finanzwirt und Barcamp-Evangelist, der seit 2007 Barcamps veranstaltet. Gemeinsam mit Prof. Dr. Kai-Uwe Hellmann bieten FELDMANN & HELLMANN die Organisation, komplette Planung, Durchführung und Auswertung von CorporateCamps, Themencamps und offenen Barcamps an und begleiten deren Entwicklung mit fachwissenschaftlichen Veröffentlichungen und Vorträgen auf Kongressen und Workshops. Zuletzt erschien im Springer Verlag der Autorenbeitrag „Partizipation zum Prinzip erhoben“ im Band „Neue Konzepte für einprägsame Events / Partizipation statt Langeweile – vom Teilnehmer zum Akteur“.
Frank Feldmann bei der Moderation des #CSRcamp16 / Foto: Axel Kammann
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