Nach drei Jahren B2B-Social Media Report sind die Erkenntnisse der jährlichen Beobachtung immer noch zwiespältig. Während einige Unternehmen Social Media-Aktivitäten fest in ihre Kommunikation eingebunden haben, gibt es immer noch viele Unternehmen, die Social Media nur stiefmütterlich behandeln. Dabei vergeben sie Chancen für ihr Unternehmen, vom dauerhaften Kontakt zu „Fans“/Kunden oder Serviceoptimierungen über Einsichten in Herausforderungen oder Wünsche der Kunden bis hin zum, im englischsprachigen Raum immer stärker angewendeten, „Social Selling“ im B2B.
Das Ranking 2015 bestätigt den – wenig verwunderlichen – Trend, dass vor allem B2B-Unternehmen, die ihre Kommunikation auf den (privaten) Endverbraucher ausrichten, im deutschen Social Web am aktivsten sind. Dies spiegeln auch die Veränderungen an der Spitze des B2B-Social Media Rankings 2015 wieder.
Nach drei Jahren Beobachtung der B2B-Kommunikation stellt sich zudem die Frage: verlieren Unternehmen mit einer schwachen Social Media-Präsenz „Gesamtdigital“ an Sichtbarkeit und damit an Potential?
Die Trends im Kurzüberblick:
- Die Twitternutzung steigt deutlich an, bei den SPAM-Mentions ebenso wie in der fachlichen Nutzung.
- Die Videoposts auf Facebook nehmen zu, die Mentions auf Videokanälen nehmen ab.
- Auf Facebook verzeichnen Posts mit Links das größte Wachstum.
- Der Trend geht zu einem Treffer-Rückgang, nur Twitter, Blogs, Review- und Photo-Seiten können Zuwächse verzeichnen.
- Die Unternehmen im Ranking rücken enger zusammen, Unternehmen aus der „zweiten Reihe“ holen auf.
Welche Veränderungen zeichnen sich 2015 ab?
Trotz einer Korrektur der Teilnehmer von 215 auf 212 Unternehmen konnte erneut eine deutliche Zunahme der Aktivitäten und Nennungen von Unternehmen um 9,5% auf 972.792 Mentions gemessen werden.
Doch der Schein trügt. Das Wachstum ist fast ausschließlich auf das starke Wachstum eines einzelnen Kanals zurückzuführen. Zwar verzeichnen Review-Seiten und Foto/Bild-Kanäle ebenfalls einen Zuwachs, jedoch ist der Anteil an den Gesamttreffern verschwindend gering. Interessant ist allerdings, dass nach einem deutlichen Rückgang im letzten Jahr, Blogs (in absoluten Zahlen) ebenfalls einen leichten Anstieg verzeichnen können.
2013 waren Newsseiten noch für über 50% der Mentions verantwortlich, 2015 waren es nur noch 38%, damit setzt sich der letztjährige Trend mit einem erneuten Rückgang von 14% (-15.000 Mentions) fort. Auch Foren „schrumpfen“ weiter. Ihr Anteil hat von 13% auf 10% abgenommen (-14.000 Mentions). Der Rückgang von Facebook-Treffern um 23% bildet allerdings eine Ausnahme.
Da Facebook seit April 2015 den Zugang für externe Anbieter zu seinen Daten eingeschränkt hat, ist hier ein Rückgang der gefundenen Unternehmensnennungen zu verzeichnen. Die Einzelauswertungen lassen aber darauf schließen (Wachstum bei einzelnen Unternehmen +200%), dass es sich hierbei um einen „gleich verteilte“ Einschränkung handelt und die Trends somit ausreichend aussagekräftig sind.
Die an der Börse schwächelnde Plattform Twitter zeigt mit einem erneuten Anstieg von über 70% oder 130.000 Mentions Wachstumsraten, um die sie die Investoren in Frankfurt und New York vermutlich beneiden werden.
Doch wie entwickeln sich die beiden wichtigsten Social Media Plattformen im Detail?
Wie setzt sich das Wachstum auf Twitter zusammen?
Vielerorts wird diskutiert, dass Twitter seine Rolle im Social Web noch nicht gefunden hat. Ist es eine „Selbstdarstellungs-, Pöbel-, Katzen- und Boulevardcontent“-Verbreitungsplattform, die aufgrund ihrer 140 Zeichen vom Nutzer keine größeren Gehirnaktivitäten abverlangt, oder ein hochwertiges Nachrichtennetzwerk? Die Ergebnisse des Reports liefern Argumente für beide Positionen.
Knapp 80% der Mentions, werden von circa 500 Twitteraccounts generiert. Hier zeigt sich das erste Problem von Twitter, Feedaccounts mit enormen Postfrequenzen, deren Follower zu einem nicht unerheblichen Teil andere Feedaccounts oder Bots ausmachen. Kapp 50% der Finanzticker Mentions entfallen zudem auf Aktienmeldungen zu DAX-Unternehmen.
Auf der anderen Seite lässt sich ein Wachstum bei den Aktivitäten der Accounts der Reportunternehmen, ebenso wie bei Fachaccounts messen. Auch die Aktivitäten der HR-Accounts nehmen zu.
Neben einem starken quantitativen Wachstum der Massenaccounts lässt sich also auch eine nicht unerhebliche Zunahme bei den qualitativen B2B-relevanten Accounts feststellen.
Schaut man sich das Tweetverhalten an, stellt man zunächst nur leichte Veränderungen fest. Interessant ist der deutliche Anstieg von Re-Tweets. Dies könnte vielleicht auf eine erhöhte Bot-Aktivität zurückzuführen sein, doch konzentriert man sich auf die Tweets der Report Unternehmen, verstärkt sich dieser Trend.
Annähernd 50% der Tweets sind Re-Tweets. Die Verwendung von Hashtags und Links verhält sich bei den Reportunternehmen ebenfalls umgekehrt zur allgemeinen Verwendung in den Tweets. B2B-Unternehmen können so 2015 ein erhöhtes Engagement verzeichnen, gleichzeitig nimmt der Anteil an verweisenden Tweets (mit Links) ab, wohingegen die Nutzung von Hashtags ansteigt.
Facebooknutzung
Wie schon in der Einleitung angedeutet, setzt Facebook seine Bemühungen, zu einer geschlossenen Plattform für alle Anwendungen (Posts, Video, Chats, Nachrichten etc.) zu werden, weiter fort.
Unternehmen laufen damit Gefahr, zunehmend von einer Plattform abhängig zu werden, deren klare Ausrichtung das Geldverdienen durch Werbung ist. Neue Anpassungen können so auch dazu führen, dass investiertes Geld – zum Beispiel in Fans – durch Anpassungen von Facebook, verloren geht. Zudem ist es diskussionswürdig, ob man bei Facebook mit dem werbefokussierten Feed-Algorithmus noch von einer „Social“ Media Plattform gesprochen werden kann?
Ein Blick auf die genutzten Contenttypen zeigt, dass sich der Trend des letzten Jahres mit einem Fokus auf Photo-Posts weiter festigt. Dem gegenüber steht der deutliche Trend von Statusposts zu Link-Posts.
Anscheinend setzen Unternehmen zunehmend neben dem Photo-Likes-Sammeln auch auf eine vermehrte Trafficgenerierung zu eigenen Seiten.
Auch das Engagement auf Facebook nimmt zu. War 2014 das Verhältnis zwischen Kommentaren und Posts noch ausgeglichen, hat es sich 2015 deutlich zu Kommentaren verschoben (59% zu 41%). Der Blick auf die Aktivitäten der Page Owner und Fans bestätigt dies. 2014 wurden noch 52% der Mentions von den Seiteninhabern veröffentlicht, 2015 waren es nur noch 42%. 58% der Mentions kamen von den Fans.
Videoplattformen
Interessant ist eine weitere Entwicklung. Facebook setzt in seiner Strategie darauf, die Nutzer möglichst lange in der eigenen Infrastruktur zu halten. Ein Baustein hierbei war der Ausbau der Videooption – auch, um YouTube Konkurrenz zu machen. Findet die Strategie Anklang?
Die Daten des Reports lassen vermuten, dass Facebook mit dieser Strategie – zumindest im B2B-Umfeld – Erfolg hat. Von 2013 auf 2014 stiegen die Videomentions noch um 2,5% an, von 2014 auf 2015 gingen die Mentions von Videoseiten allerdings um deutliche 25% zurück. Im Gegenzug wurden mehr Videoposts auf Facebook identifiziert. Von 2013 auf 2014 stiegen die Videoposts um 300%, von 2014 auf 2015 um 215%.
Entwicklung in den Branchen
Werfen wir einen Blick auf die Entwicklung in den Branchen. Mit 47% Zuwachs haben die Autozulieferer den stärksten Sprung gemacht, liegen aber im Gesamtvolumen immer noch auf den hinteren Plätzen. Klar an der Spitze liegen wenig überraschend die DAX-Unternehmen, auch wenn die Zunahme an Mentions von 5,9% unter dem Gesamtwachstum von 9,5% liegt. Das produzierende Gewerbe verzeichnet sogar einen Rückgang von 17%.
Ein Blick auf die Facebookposts zeigt auch hier ein deutlich variierendes Nutzungsverhalten. Wie oben beschrieben, konnte bei den Links die stärkste Zunahme gemessen werden, Photos waren jedoch noch der beliebteste Posttype. Bei den IT & Technologie-Unternehmen lag der Anteil der Links bei fast 60%, wohingegen in der Agrarwirtschaft nur 3,6% der Facebookposts Links enthielten. Dafür wird in der Agrarwirtschaft der Fokus klar auf Photoposts (82%) gelegt, in der ITT-Branche liegt hier der Anteil nur bei 27%.
Ranking 2015 – Fraport führt
Diese Entwicklungen haben im Ranking zu einigen Veränderungen geführt. Der „Sieger“ der letzten beiden Jahre Liebherr ist um neun Plätze auf Platz 10 gerutscht. Dies ist vor allem durch einen deutlichen Trendrückgang* (2014: Platz 21, 2015: Platz 137) und den Rückgängen in der Jahresplatzierung** (2014: Platz 2, 2015: Platz 42) sowie beim Facebookkanal*** (2014: Platz 9, 2015: Platz 15) zurückzuführen.
Neuer Spitzenreiter ist der Vorjahres zweite Fraport der seine Positionen zu 2014 vor allem durch Spitzenposition des Facebookkanals (2015: Platz 1, 2014: Platz 4) und einer Verbesserung der Jahresplatzierung von Platz 15 2014 auf Platz 11 2015 ausbauen konnte. Dem gegenüber stehen leichte Verschlechterungen beim beim Twitterkanal**** (2014: Platz 2, 2015: Platz 7) und im Trend (2014: Platz 13, 2015: Platz 26)
Auf dem zweiten Platz befindet sich mit dem Vorjahres dritten Festool ein Werkzeugbauer, bei dem bei einem Teil der Produktpalette B2B und B2C Zielgruppe fließend ineinander über gehen – Bohrmaschinen werden von Handwerksbetrieben ebenso wie vom Heimhandwerker gekauft. Festool konnte 2015 nochmal deutlich bei den Mentions zulegen (Trend 2014: Platz 96, 2015: Platz 46) und sich somit auch in der Jahresplatzierung von Platz 8 2014 auf Platz 7 2015 verbessern. Dafür musste Festool beim Twitter- und beim Facebookkanal ein paar Plätze abgeben (Twitter 2014: Platz 7, 2015: Platz 19; Facebook 2014: Platz 11, 2015: Platz 17).
Als Dauergast unter den Top 5 konnte sich auch Datev um einen Platz verbessern. Zwar rutschte das Steuersoftware-Unternehmen im Trend nochmal ein paar Plätze ab (2014: Platz 92, 2015: Platz 118), dafür konnten sie sich bei den Gesamtmentions um einen Platz von Platz 4 2014 auf Platz 3 2015 ebenso verbessern, wie mit ihrem Facebookkanal (2014: Platz 44, 2015 Platz 34). Den größten Sprung – und damit neben Vaillant, ZF Friedrichshafen und Messe Stuttgart neu in den Top 10 – hat der SEO-Tool Anbieter Searchmetrics, der sich vom Vorjahresplatz 40 auf den neunten Platz 2015 vorarbeiten konnte, gemacht.
Auffällig ist, das die Spitzenplätze sich weiter vom restlichen Feld absetzten. Holten sich die Top 10 Unternehmen im Jahr 2014 noch zusammen 3061 Punkte, so holten sie 2015 3268 Punkte. Während die letzten 50 Unternehmen 2014 noch zusammen 2492 Punkte erhielten, waren es 2015 nur noch 2192 Punkte.
Es gibt also ein großen Anteil von Unternehmen, die entweder mit ihren Engagement weniger erfolgreich sind, oder ihre Aktivitäten zurückfahren. Da dieses Ranking nur den deutschsprachigen Raum betrachtet, könnte zum Beispiel eine Fokussierung auf internationale Kanäle die Ursache hierfür sein.
Das vollständige B2B Social Media Ranking können Sie hier herunterladen:
[cta_button title=“Zum B2B Ranking“ text=“Zum B2B Ranking“ target=“https://www.brandwatch.com/de/wp-content/uploads/2017/08/B2B-Social-Media-Ranking-2015-Brandwatch.pdf“]
* Gesamtergebnis der Entwicklung der einzelnen Pagetype-Positionen in Bezug aufs Vorjahr
** Jahresposition: Zusammenfassung der Positionen der einzelnen Pagetypes sowie das klassischen/Social Media-Verhältnisses
*** Deutschsprachiger Facebookkanal des Unternehmens, falls vorhanden
**** Deutschsprächiger Twitterkanal des Unternehmens, falls vorhanden
Korrektur 22.04.2016: Durch das Verringern des Datensatzes von 215 auf 212 Unternehmen ist es bei einigen Unternehmen zu einer Datenverschiebung gekommen. Die Korrektur vom 22.04. führte zu kleineren Verschiebungen im Ranking (u.a. musste die Position von Sennheiser Electronic von Platz zwei auf Platz 14 korrigiert werden).