Man sagt, dass Spitzenköche sich nicht so viele Gedanken über das Essen machen, das die Kunden verzehrt haben, wie über die Reste, die letztendlich auf den Tellern bleiben.
Das Essen, das unberührt bleibt, kann fade, übermäßig portioniert oder vielleicht sogar ungenießbar sein. In jedem Fall wird aus einem ganz bestimmten Grund nicht konsumiert.
Auf die gleiche Art und Weise sollte man sich unbedingt Gedanken über das machen, was die Leute in den sozialen Medien nicht sagen und warum. Welcher Aspekt einer Debatte oder eines Produkts wird gerade nicht häufig erwähnt? Könnte es sein, dass sich die Menschen bei diesem Thema unwohl fühlen oder sind sie einfach nur gelangweilt und finden nichts Erwähnenswertes?
Nachfolgend einige Beispiele für die Bedeutung des Mischens von Datensätzen, insbesondere dann, wenn die Beiträge in den sozialen Medien spärlich sind.
Was wir sagen und was wir tun
R. Kelly ist im Moment nicht besonders beliebt. Die Gespräche um seine Person und seine mutmaßlichen Verbrechen sind ausgesprochen negativ.
Allerdings gibt es eine winzige Untergruppe in diesen Beiträgen, die das Hashtag #ISupportRKelly verwendet – sie besteht aus etwa 500 Autoren, die im letzten Jahr Beiträge geschrieben haben.
Und dann wäre da noch folgendes Phänomen: Auf Spotify erleben die Streams von R. Kelly-Musik gerade eine Erfolgswelle. Tausende Menschen unterstützen R. Kelly also offensichtlich über die Plattform, aber sie reden einfach nicht darüber. Während viele darüber diskutieren, dass der Künstlers am besten in der Versenkung verschwinden sollte, spielen andere kommentarlos seine Songs.
Das heißt natürlich nicht, dass jeder, der seine Musik spielt, sein Tun unterstützt. Viele andere Faktoren könnten zu diesem Trend beitragen (z. B. suchen die Menschen vielleicht nur nach seiner Musik, um zu sehen, an welchen Songs er beteiligt war).
Dennoch ist dies ein klares Beispiel dafür, dass wir nicht alles, was wir in den sozialen Medien tun, öffentlich bekannt geben, insbesondere wenn es mit der gesellschaftlichen Meinung nicht übereinstimmt.
Diesen Faktor sollten wir bei jeder Social-Media-Analyse berücksichtigen, er unterstreicht die Notwendigkeit, mehrere Datenquellen einzubeziehen, um den Ergebnissen weiteren, wichtigen Kontext hinzuzufügen.
Und dieser Hinweis gilt nicht nur für derartig kontroverse Themen wie die Unterstützung von Künstlern mit verqueren moralischen Ansichten.
Wir verhalten uns anders, wenn wir beobachtet werden, und die sozialen Medien sind zweifellos eine öffentliche Bühne.
Wir neigen dazu, über Dinge, die wir peinlich oder beschämend finden, eher nicht zu schreiben – all diese Dinge werden eher in privaten Umgebungen wie unpersönlichen Suchmaschinen und Arztpraxen angesprochen.
Funkstille zu bestimmten Themen bedeutet jedoch nicht immer, dass wir keine Gedanken dazu haben.