Die Monitoringlandschaft ist eine schnelllebige Branche, in der sich viele Änderungen abspielen. Vor ein paar Wochen sprach Stefan Evertz, Berater im Bereich Monitoring und Chefredakteur des Branchenmagazins MonitoringMatcher, auf unserem Kundenevent Brandwatch Inspiration über den Status quo und Trends im Social Media Monitoring. In diesem Interview knüpfen wir an das spannende Thema an.


Was macht MonitoringMatcher?

Im MonitoringMatcher schreiben Katja Evertz und ich – zusammen mit einer wachsenden Zahl von GastautorInnen – seit über 2 Jahren über die ganze Bandbreite von Monitoring. Dabei beschäftigen wir uns als derzeit einziges deutschsprachiges „Magazin rund um digitales Monitoring“ nicht nur mit Social Media Monitoring und Social Media Analytics, sondern haben neben Publishing und Engagement auch Web Analytics auf der Agenda. Meistens stehen dabei die Tools im Vordergrund. Passend dazu sind mittlerweile auch wachsende Anbieter-Listen und ganz neu auch eine Datenbank mit Monitoring-Jobs aus der DACH-Region entstanden.


Wie siehst Du den aktuellen Status quo der Monitoringbranche in der DACH-Region?

Gerade in den letzten 18 Monaten steht im deutschsprachigen Toolmarkt sicherlich groß das Wort “Konsolidierung” an der Wand. Mehrfach konnten Übernahmen, Käufe oder auch Kooperationen beobachtet werden, die die Zahl der relevanten Akteure im Markt reduziert haben. Hinzu kommt der Eindruck, dass der Markt insgesamt weniger schnell wächst. Viele der größeren Unternehmen und Organisationen haben bereits Tools im Einsatz, so dass angesichts der zunehmenden Marktsättigung auch der Wettbewerb der Anbieter untereinander intensiver wird.

Darüber hinaus klafft die Schere sowohl in Sachen Budgets als auch Kompetenzen immer mehr auseinander – große Unternehmen sind da in aller Regel schon recht weit, bei kleineren und mittelständischen Unternehmen sind die Bedürfnisse oft noch sehr diffus. In beiden Gruppen zeigt sich aber weiterhin, dass konkrete und belastbare „Social Media“-Ziele der Unternehmen oft noch Mangelware sind. Das macht ein Projekt wie den Leitfaden „Erfolgsmessung in Social Media“ zu einem umso wichtigeren Meilenstein und dürfte so manches Monitoring-Konzept künftig etwas weniger schmerzhaft werden lassen.


Welche Herausforderungen und Grenzen siehst du in Zukunft für das Monitoring?

Zwei Dauerthemen würde ich hier als erstes nennen:

Zum einen ist der ganze Bereich „Datenschutz/Privatsphäre und Recht“ auch weiter ein komplexes und oft problematisches Arbeitsfeld. Die vorhandene Rechtslage basiert in weiten Teilen auf den 1970er Jahren, die dringend renovierungsbedürftig ist. Die Auslegung kann zudem von Datenschutzbeauftragten zu Datenschutzbeauftragten stark abweichen. Und auch das Thema „Leistungsschutzrecht“ bleibt weiter spannend.

Ein zweites Dauerthema sind die geschlossenen Netzwerke. Wie sich an Beispielen wie Facebook, Instagram und Snapchat zeigt, ist es für Tool-Anbieter zum Teil schwierig bis unmöglich, unabhängig auf quantitative Daten der Netzwerke zuzugreifen. Snapchat kann derzeit überhaupt nicht vermessen werden, bei Facebook gibt es zwar zunehmend Datenangebote, vieles ist dort aber nach wie vor nicht von außerhalb der Plattform zugänglich. Natürlich ist es gut, dass Facebook z.B. die Privatsphäre von Benutzern respektiert und diese Daten nicht nach außen gibt. An vielen Punkten gibt es dagegen – wie z. B. bei öffentlichen Gruppen – bis heute keine Möglichkeit, über Tools auf solche „öffentlichen“ Daten zugreifen zu können.

Zwei weitere Herausforderungen zeigen sich aber speziell in den letzten Jahren. Denn zum einen wird zwar von immer mehr Unternehmen verstanden, dass vernünftige Tools nicht umsonst zu haben sind. Entsprechend wachsen erfreulicherweise auch die Budgets – für die Tools. Die Ressource Zeit wird dagegen nur selten aufgestockt oder anders eingeplant. Entsprechend boomt die Dienstleistung, durch Dienstleister und Agenturen Auswertungen vorzunehmen – in meiner Wahrnehmung weniger durch eine theoretisch höhere Expertise verursacht, sondern durch die Realität, dass solche Aufträge leichter zu vergeben sind als für den eigenen Aufgabenbereich weitere Ressourcen „genehmigt“ zu bekommen.

Und selbst wenn die Tools eingerichtet und regelmäßig geöffnet sind, bleibt da eben die Herausforderung des „Information overload“. Denn so sehr die Zahl der verfügbaren Daten immer weiter zunimmt, so schwieriger wird es, die wirklich relevanten Informationen herauszudestillieren. Die Tatsache, dass – wie schon eingangs erwähnt – selten wirklich konkrete Ziele und Kennzahlen identifiziert wurden, macht es leider auch nicht besser.


Welche Rolle wird die Verknüpfung von Social Data mit Drittdaten in Zukunft spielen?

Hier muss man sicherlich das theoretische und praktische Potential unterscheiden. In der Theorie ist es eigentlich unumgänglich, die Daten aus Social Data (speziell aus Monitoring und Analytics) mit externen Daten (z. B. aus Web Analytics) und mehr noch aus internen Datenquellen (z. B. Warenwirtschaftssystem) zusammenzuführen. Denn nur so lassen sich mögliche Zusammenhänge aufzeigen. Denn oft wird bei der Messung von Kampagnen und Social Media-Aktivitäten eben nicht die Erfüllung konkreter Ziele (wie z. B. Bestellungen oder Downloads) gemessen – wie auch? Denn neben dem mangelnden Bewusstsein, dass hier vernetzt gedacht und gemessen werden sollte, besteht das Hauptproblem darin, dass es oft technisch (und gelegentlich rechtlich) gar nicht möglich ist, solche Daten zusammenzubringen.

Insofern: Besagte Verknüpfung sollte zukünftig eine größere Rolle spielen. Realistisch betrachtet wird das aber noch sehr lange ein Wunschtraum bleiben.


Wie schon skizziert, wird das Thema „Visualisierung“ immer wichtiger, was sich auch in einer wachsenden Zahl von Produkten im Markt zeigt (wie z. B. Brandwatch Vizia). Denn gerade durch kompakte „Dashboards“ (oft auch Command Center/Listening Center genannt) lassen sich komplexe Reportings deutlich eingängiger und idealerweise leicht verständlich zusammenfassen. Die Reduktion auf 2-3 Kurven kann so wichtige Informationen speziell für die Managementebene sehr viel besser vermitteln.

Lange Zeit war klar, dass es die „eierlegende Wollmilchsau“ in Sachen Social Media Monitoring-Tool nicht gibt – zu unterschiedlich waren und sind die Anforderungen der Kunden. Dennoch zeigt sich immer klarer der Trend zur Marketing-Suite. Dabei werden verschiedene Arbeitsfelder unter einer Oberfläche zusammengefasst, ohne dass die angebundenen Tools ihre Unabhängigkeit verlieren – Hootsuite ist da ein gutes Beispiel für die Integration verschiedener Tool-Anbieter. So lassen sich Funktionalitäten (und auch die damit verbundene Expertise) gut bündeln, ohne zu viel Aufwand für eine vollständige Integration betreiben zu müssen.

texting-1490691_640Insgesamt ist ein deutlich stärkerer Marketing-Fokus im Bereich Social Media zu beobachten. Während lange Zeit vor allem Unternehmenskommunikation und PR die Aktivitäten dominierten (zunehmend ergänzt um Kundendienst/Customer Care), wird der Bereich nun immer stärker (Content) strategisch betrachtet. Entsprechend verlagern sich die Ziele und Aufgaben im Bereich Social Media Monitoring.

Ein weiteres spannendes Feld ist der Bereich Bots/Kommunikation per Messenger wie z. B. WhatsApp. Zum einen tritt die direkte Kommunikation immer mehr in den Vordergrund – immer mehr Informationen werden nicht mehr öffentlich geteilt, sondern eben über Messenger und per Chat. Gerade im Kundenservice stellt das die Tool-Landschaft vor die Herausforderung, immer mehr Plattformen anbinden zu müssen. Anderseits zeigt sich, dass sich durch Bots zumindest Teile der Kommunikation vereinfachen und verschlanken lassen. Denn Punkte, die ein Bot automatisiert vorab geklärt hat, müssen nicht mehr zeitaufwändig durch Service-Mitarbeiter und Community Manager bearbeitet werden. Ob das die Kunden auf Dauer mögen und akzeptieren, ist ein anderes Thema. Es bleibt also spannend.


Über Stefan Evertz:

Ellen Hempel</a>“ class=“wp-image-51260″ height=“375″ src=“/de/wp-content/themes/brandwatch/src/core/endpoints/resize.php?image=uploads/2016/08/presse_stefan_evertz.jpg&width=1024″ srcset=“/de/wp-content/themes/brandwatch/src/core/endpoints/resize.php?image=uploads/2016/08/presse_stefan_evertz.jpg&width=380 380w, /de/wp-content/themes/brandwatch/src/core/endpoints/resize.php?image=uploads/2016/08/presse_stefan_evertz.jpg&width=500 500w, /de/wp-content/themes/brandwatch/src/core/endpoints/resize.php?image=uploads/2016/08/presse_stefan_evertz.jpg&width=768 768w, /de/wp-content/themes/brandwatch/src/core/endpoints/resize.php?image=uploads/2016/08/presse_stefan_evertz.jpg&width=1024 1024w, /de/wp-content/themes/brandwatch/src/core/endpoints/resize.php?image=uploads/2016/08/presse_stefan_evertz.jpg&width=2200 2200w, /de/wp-content/themes/brandwatch/src/core/endpoints/resize.php?image=uploads/2016/08/presse_stefan_evertz.jpg&width=0 3027w“ width=“250″> © Foto: Ellen Hempel

Stefan Evertz ist Berater für digitale Kommunikation bei Cortex digital in Köln und berät und begleitet Unternehmen und Organisationen rund um die Themen Social Media Monitoring, Digitale Strategie und BarCamps, von denen er in den letzten acht Jahren über 30 organisiert oder als Berater begleitet hat. Stefan Evertz twittert unter @hirnrinde und schreibt ansonsten regelmäßig im MonitoringMatcher.

 

Wir bedanken uns ganz herzlich bei Stefan Evertz für das spannende Interview!