Gastblogger Jen Thames fragt sich, was wohl passieren würde, wenn man uns unser heiß geliebtes Internet wegnehmen würde.


Als ich heute Morgen aufgewacht bin, habe ich aus dem Fenster geschaut und Tautropfen auf einem großen Spinnennetz glitzern sehen. Jeder winzige Tropfen funkelte in der Sonne wie ein kleiner Diamant und das Gesamtkunstwerk des Spinnennetzes zitterte leicht im frischen Morgenwind.

Es war ein magischer und friedvoller Moment, doch dann schoss – wie aus dem Nichts – ein riesiges schwarzes Ungeheuer mitten durch das Netz und riss es in Stücke. Mein schwarzer Labrador Buddy schaute schwanzwedelnd zu meinem Fenster hoch.

In diesem Moment habe ich mich gefragt: Was wäre, wenn…unser Netz so einfach abstürzen würde? Was würden wir tun?

Zunächst würden wir ohne Zweifel alle vor den Bildschirmen hocken und warten, dass es wieder funktioniert. Ein Stunde würde vergehen, ein Nachmittag und selbst ein ganzer Tag mag als willkommener „Internet-freier“ Tag durchgehen.

Aber dann – was wäre, wenn aus einem Tag zwei werden und daraus dann eine ganze Woche – ja, ein ganzer Monat?

Natürlich gäbe es keine E-Mails, keine Blogs, kein Facebook und kein Twitter.

Allerdings stehen bedeutendere Dinge als das Ende der einfachen Kommunikation auf dem Spiel.

Angesichts der DNS-Charger-Malware, die droht, im Juli 2012 schätzungsweise 450.000 Systeme einfach aus dem Internet auszulöschen und der Hinweise des FBI, dass US-amerikanische Urlauber im Ausland das Ziel von Virusattacken sind, ist es tatsächlich an der Zeit, sich diese Fragen stellen.

Was würde passieren, wenn auf der ganzen Welt das Netz zusammenbrechen würde – gerade so wie das Spinnennetz in meinem Garten?


Finanzchaos


Fangen wir mit Webpräsenzen wie Google und eBay sowie Unternehmen wie zum Beispiel Samsung und Apple, deren Hardware-Verkäufe vom Internet abhängig sind, an.

Zusammen beeinflussen diese Unternehmen und ihre Aktien große Bereiche der amerikanischen Börse und der Weltwirtschaft. Ein länger andauernder Internet-Crash würde all diese Geschäfte zum Stillstand und die Aktien gehörig ins Schwanken bringen, was weltweit eine ernsthafte Finanzmarktkrise zur Folge hätte.

Der too-big-to-fail-Mythos (zu groß, um zu scheitern) bezieht sich nicht nur auf Banken.

Die Panik in der Finanzwelt würde durch Probleme der meisten Börsenhändler, die Echtzeit-Preisdaten abzurufen, auf denen ihre Handelskalkulationen basieren, noch verstärkt werden.

Es ist schwer zu sagen, ob diese fehlenden Daten die allgemeine Hysterie eher beruhigen oder anheizen würden. Zusätzlich wäre natürlich der gesamte Wertpapierhandel, einst bekannt als Parketthandel, weitgehend verschwunden.

Die Einrichtungen, um Käufe und Verkäufe telefonisch zu tätigen – vor 15 Jahren noch eine durchaus übliche Methode – gehören längst der Vergangenheit an.

Wir können tatsächlich auf keinerlei Notfallsysteme zurückgreifen, um das zu erwartende Handelsvolumen zu bewältigen.

Dieser Umstand würde zunächst die Abwertung der Aktienpreise verlangsamen, aber er würde auch die Kundenmoral und das Vertrauen in das gesamte Finanzsystem und das Internet weiter sinken lassen: „Wie bitte? Du kannst meine Aktien nicht verkaufen, wenn ich Dir das sage?“

Ganze Bereiche des Bank- und Rechnungswesens würden ebenfalls zusammenbrechen. Keine Online-Überweisungen, keine elektronischen Kundenrechnungen, keine automatischen Gehaltszahlungen.

Bedeutende Bereiche des Bankwesens würden zum Stillstand gebracht. Man kann durchaus sagen, dass der Aktienmarkt in nur wenigen Tagen wenigstens die Hälfte seines Wertes verlieren würde.


Bildung


Ein Internet-Crash würde alle Online-Schüler und selbst die klassischen Studenten hilflos dastehen lassen, da diese nicht mehr wüssten, wie sie ihre Tage verbringen und an Informationen kommen sollten.

Das Internet ist ein absolutes Muss in den Wohnheimen der Universitäten. Bibliotheken, Vorlesungspläne, Studienmaterialien, Unterlagen zu Einschreibung und finanzieller Unterstützung sowie fast alle übrigen Bereiche im höheren Bildungswesen sind abhängig von der Internet-Kommunikation.


Handel


Die Lahmlegung des Internets würde selbstverständlich das Ende aller Einkäufe bei Amazon, eBay, PayPal und – was für eine Horrorvorstellung – Online-Modeboutiquen bedeuten!

Unzählige globale Unternehmen, die über das Internet funktionieren, würden das Geschäft aufgeben. Über die Schwierigkeiten im direkten Internethandel hinaus, würde der Weltmarkt, der bei Einleitung, Verwaltung und Abschluss von internationalen Geschäften zum großen Teil vom Internet abhängt, wesentlich beeinträchtigt und verlangsamt.

Selbst wenn nur Teile des Internets zusammenbrechen würden, würde der eng verbundene internationale Handel darunter leiden. Und außerdem haben natürlich auch alle Unternehmen und Einzelpersonen, die sich bei Verwaltung, Rechnungs- und Personalwesen etc. auf das Cloud-Computing verlassen, ein Problem.

Ganze Unternehmensbereiche wären stillgelegt, selbst wenn das eigentliche Geschäft nicht direkt auf dem Internet basiert.


Informationswesen


Es heißt nicht ohne Grund „Information Technologies“. Jeder Nachrichtendienst ist für aktuelle und sofortige Informationen vom Internet abhängig.

Ähnlich wie beim Aktienmarkt ist die Aufbereitung und Verbreitung von Nachrichten ohne das Internet absolut unvorstellbar. Tweets, Nachrichtenquellen und sogar -agenturen verlassen sich auf das Internet.

Um die Sache ein bisschen spannender zu machen, wäre da noch eine Kleinigkeit mit dem neuen 4G/LTE-Netz zu beachten.

Geschaffen, um Daten mit Lichtgeschwindigkeit zu übertragen, wird das neue 4G/LTE-Netz die bisherigen CDMA- und GSM-Mobilnetze in wenigen Jahren ersetzen. Es ist wirklich aufregend – das einzige kleine Problem dabei ist nur, dass das Netz via VoIP (Voice over Internet Protocol) funktioniert.

Und wissen Sie was? Mit dem 4G/LTE-Netz gibt es ohne Internet auch keinen Mobilfunk – Handys ade!

Die einzigen relativ unbeeinträchtigt bleibenden Telefone wären die solarbetriebenen Satellitentelefone, die gerade irgendwo im australischen Busch installiert werden. Welch eine Ironie!

Die Abschaltung des Internets – selbst für wenige Tage – würde zuverlässig so gut wie alle Systeme, auf die sich unsere westliche Welt verlässt, zum Einsturz bringen.

Glücklicherweise wäre es schwierig, das gesamte Internet auf einen Schlag auszulöschen. Ein großes Gebäude, in dem die Spinne ihr Zentrum hat, gibt es nirgends. Selbst wenn man ganz Palo Alto lahmlegen würde, würde das Internet zum großen Teil weiter funktionieren.

Dennoch ist es interessant, mal darüber nachzudenken, welche Rolle diese „neue“ Technologie mittlerweile in allen Bereichen unseres Lebens spielt. „Internet-frei“ klingt plötzlich nicht mehr nach einem willkommenen und stressfreien Urlaubstag.